Das Ufer eines Gewässers muss nicht unbedingt das Ende deiner Tour sein, wenn du mit dem Auto unterwegs bist. Wenn du im richtigen Fahrzeug sitzt, fährst du einfach weiter. Es ist sicher Gewöhnungssache, ruhig zu bleiben, wenn die Schnauze deines Wagens untertaucht und das Wasser die Motorhaube überspült. Die meisten Menschen nesteln nun hektisch am Türöffner, um ihr Leben durch einen Sprung aus dem Auto zu retten. Doch du bist in deinem Amphicar sicher und genießt deine Rolle als Kapitän, während dein Auto hinaus auf den See tuckert.
Die Sehnsucht nach der ununterbrochenen Weiterfahrt von der Straße auf das Wasser ist nahezu ebenso alt wie die Sehnsucht nach dem pferdelosen Antrieb. Bereits 1899 entstand in Dänemark das erste Amphibienfahrzeug der Welt mit dem Namen Magrelen Amphibium. Die Bemühungen der zeitgenössischen Tüftler richteten sich vorwiegend auf bootsähnliche Konstruktionen mit Rädern und Achsen. Andere Ideen kamen mit einem großen Propellerrad daher. Es blieb bei vereinzelten Versuchen, bei denen immer wieder phantastische Einzelstücke entstanden.
Erst im Zweiten Weltkrieg erlebte die Entwicklung des Amphicars einen Schub, da das Mobil als militärisch relevant erachtet wurde. Der deutsche Konstrukteur Hans Trippel hatte bereits 1934 sein erstes Amphibienfahrzeug gebaut und von der Wehrmacht einen Auftrag erhalten. Vier Jahre später fuhr er mit seinem Schwimmgeländewagen SG6 von Deutschland nach Neapel, setzte nach Capri über und schipperte durch die Blaue Grotte. 2500 Stück wurden vom Typ SG6 gebaut, ab 1941 hatte der Wagen sogar Allradantrieb und wies weit in die Zukunft.
Die kühnen Pioniere, die sich mit Ihren Straßenfahrzeugen ins Wasser wagten, durchlitten auf ihren Fahrten immer wieder riskante Abenteuer. Während es noch 1962 zwei Franzosen gelang, den Ärmelkanal in respektablen 5 Stunden und 50 Minuten zu durchqueren, hatten zwei englische Wagen in der Gegenrichtung drei Jahre später weniger Glück. Auf halber Strecke lief der Motor des einen Wagens voll Wasser, so dass der andere Wagen abschleppen musste. Sie waren nach mehr als 7 Stunden am Ziel.
Ein Amphicar sollte nicht dauerhaft im Wasser sein. So exquisit dieses Erlebnis ist, so exquisit ist auch die Pflege, die dieses Fahrzeug benötigt, um seine Technik und seine Insassen trockenen Fusses zu transportieren. Alle fünf Stunden im Wasser brauchen die Schwimmautos eine Behandlung mit der Fettpresse. Unzählige Schmiernippel müssen geschmiert werden, sonst schwimmt das Amphicar seinem Zerfall entgegen. Nicht jeder Schmiernippel ist einfach zu erreichen, viele Schrauben und Muttern wollen gelöst werden.
Diesen Überlegungen musst du dich nicht widmen, wenn du dich entscheidest, das Amphicar zu mieten, mit dem du von der Straße ins Wasser weiterfährst. Da du ab hier am Wasserstraßenverkehr teilnimmst, musst du, genau wie im Straßenverkehr, die entsprechende Befähigung dafür nachweisen. Wenn du also einen Sportbootführerschein besitzt, steht deiner Fahrt mit dem Amphicar nichts mehr im Wege.
Gelenkt wird mit den Vorderrädern, das Amphicar ist deshalb etwas schwerer zu manövrieren als ein Boot. Die Haifischflossen hinten haben eine wichtige Funktion. Sie verhindern, dass bei seitlichen Wellen Wasser in den Motor läuft. Der Vierzylinder-Heckmotor mit 38 PS und 1200 Kubikzentimeter Hubraum kam von Triumph aus England. Das Kultauto fährt auf der Straße knapp 100 Kilometer in der Stunde und auf dem Wasser acht Knoten. Doch der entscheidende Moment ist sicher nicht, wie sonst, durch überdurchschnittliche Motorleistung oder frappantes Design aufzufallen. Vielmehr ist der Moment entscheidend, in dem du Kurs ins offene Gewässer nimmst, während die Porschefahrer nur ihr Handtuch ins grüne Gras breiten.